Traumatisierung - 22.8.2016 12:26:59
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Atterseee
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Traumatisierung Viele der Kinder erfuhren erst nach Kriegsende Details ihrer Rettung und des Schicksals ihrer in Deutschland verbliebenen Familie. Mark Jonathan Harris, dessen Film Kindertransport – In eine fremde Welt 2001 als bester Dokumentarfilm mit dem Oscar prämiert wurde, beschreibt, wie die Kinder mit der Verarbeitung ihrer Erlebnisse allein gelassen wurden: Das Schicksal der Kinder und ihre weitere Geschichte weisen bleibende Spuren der Traumatisierung auf. Viele sahen ihre Eltern nie wieder, und selbst wenn Mutter oder Vater am Ende der Naziherrschaft zu den Überlebenden gehörten, kamen meist keine normalen Beziehungen mehr zustande. Unter den Kindern sind Depressionen und Beziehungsstörungen, Ängste aller Art, Ruhelosigkeit und Misstrauen besonders häufig, Folgen eines traumatischen Identitätsverlustes. Hinzu kommt das „Schuldgefühl der Überlebenden“ („survivors guilt“): Ähnlich wie bei Menschen, die als „versteckte Kinder“ unter falscher Identität der Vernichtungsmaschinerie der Nazis entgingen, wurde den Kindern der Rettungsaktion die eigene Trauer über das Erlittene nicht zugestanden, nicht von der Umwelt und nicht vom eigenen Gewissen. Erinnerung Die Flucht jüdischer Kinder wurde seit 2002 der Öffentlichkeit in Österreich ins Bewusstsein gerufen durch das Schulprojekt A Letter To The Stars und durch die Künstlergruppe „Counter/Act“, die in Wien Pappschachteln verteilte, in denen auf Papierstreifen der Rassismus angeprangert wurde. Unter anderem befanden sich in der Schachtel Anzeigen jüdischer Eltern, die 1938/1939 dringend Adoptiv- oder Pflege-Eltern in England für ihre Kinder suchten. Die Anzeigen wurden in der Originalform im November 2006 in Die Presse sowie in der Jewish Chronicle in London nachgedruckt, wo sie ursprünglich erschienen waren. Eine Anzeige lautete: Auf der Suche nach einem Ausweg: Welche großmütige Familie übernimmt in der heutigen harten Zeit die Sorge für meine Kinder oder adoptiert sie? Ihr Vater ist Dr. Ing., lange Zeit Mitarbeiter der Österr. Staatsbahnen, und als Jude jetzt arbeitslos. Die zwei Kinder sind 10 und 12½ Jahre alt, hübsch und vollkommen gesund. Die Eltern wären glücklich, die Kinder in einer jüdischen gläubigen Familie zu wissen. Dr. Ing. S. Morgenstern, 2, Böcklinstrasse, Wien 2. Ausstellungen Seit Mai 2012 widmet sich die Wanderausstellung „Wenn ihr hier ankommt …“ – Schicksal einer jüdischen Familie zwischen Kindertransport und gescheiterter Emigration von Christoph Gann dem Thema am Beispiel der Meininger/Nürnberger Familie Mosbacher. Die zwölfjährige Eva Mosbacher gelangte im Mai 1939 nach England. Ihre Eltern wurden drei Jahre später deportiert und ermordet. Eva Mosbacher nahm sich 1963 in London das Leben.
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Der See ist rein.
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