chris-XX
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« Voll die Kante »
Neuheiten 2004: Vorstellung KTM 990 RC8 Superbike
Orange – na klar! Und kantig – wie sonst? Ganz im Stil der zackigen 990 Duke hat KTM den Prototyp 990 RC8 gestaltet. MOTORRAD präsentiert weltexklusiv den ultraleichten Supersportler.
Angriff aus Mattighofen: Ultraleicht, extrem gestylt – die RC8 will der etablierten Straßen-Zweizylinderfraktion voll die Kante geben. Friedfertigkeit war noch nie die Maxime, unter der KTM Maschinen gestaltete, aber die RC8 setzt einen drauf. Eine Aggression auf zwei Rädern. Mutig, hammerhart, kühn, böse! Kein Bike für die Masse, aber das richtige für den bösen Wolf. Und zugleich mit einer durchaus eleganten Linienführung.
Wer steckt dahinter? Eine jung-dynamische Projektgruppe unter Leitung des Ingenieurs Philipp Habsburg, mit dabei auch MOTORRAD-Mann Werner Koch. Die Truppe arbeitet seit Monaten mit Hochdruck daran. Erste Prototypen absolvierten bereits ausgiebige Fahrversuche, und auf dieser Basis entstand ein Design-Modell bei KTMs Stamm-Designer Kiska, das nun auf der Tokyo Motor Show der Öffentlichkeit präsentiert wird. Im Lauf des Winters sollen dann zwei fahrfertige Maschinen für die Weiterentwicklung aufgebaut werden.
Die Geduld von potenziellen Interessenten wird allerdings auf eine harte Probe gestellt, der Serienstart des Sportlers ist erst für 2007 geplant. Schade, denn die kompakte, kantige Kampfmaschine wäre schon jetzt eine prima Alternative zu den V-Zweizylinder-Sportlern à la Aprilia RSV 1000 R oder Ducati 999. Zumal sie äußerlich eine völlig eigenständige Richtung verfolgt, die sicherlich polarisiert. Die Zeiten glattgespülter Mainstream-Optik scheinen ein Ende zu nehmen.

Im Gegensatz zur 990 Duke, die technisch weitgehend auf der Enduro 950 Adventure basiert, ist das Chassis der RC8 eine komplette Neuentwicklung. Das Rückgrat bildet zwar grundsätzlich weiterhin ein Gitterverbund, der jedoch völlig neu gezeichnet wurde. Wenige, dafür sehr kräftige Rohre schaffen ein klare Struktur, die extreme Steifigkeit mit geringem Gewicht (unter neun Kilogramm) in idealer Weise paaren soll. Ein kleiner Aluhilfsrahmen stabilisiert das schnittige Heck, in das der 17 Liter fassende Tank weit hineinragt. Vor dem Tank versteckt sich unter dem orangefarbenen Kunststoffkleid die Airbox, der die Luft beidseitig über eckig verpackte Ansaugkanäle und Einlassschlitze unterhalb des Scheinwerfers zugeführt wird.
Das reduzierte Design wird erst durch einen konstruktiven Trick ermöglicht: Den Schalldämpfer haben die Österreicher unter den Motor verlegt. Das ist grundsätzlich nichts Neues – man kennt dieses Prinzip von den Buell-Modellen oder von der Honda-Studie NAS 1000 –, bringt aber eine Reihe von Vorteilen: Wegen des flach bauenden Trockensumpf-Motors steht im Verkleidungskiel jede Menge Raum für einen riesigen Schalldämpfer zur Verfügung, rund 20 Liter brutto. Auch die für einen guten Drehmomentverlauf erforderliche Krümmerlänge kann locker integriert werden. Befreit von der Auspuffanlage, ist die gestalterische Freiheit im Heckbereich groß. Und Gedanken über die Schräglagenfreiheit erübrigen sich so ebenfalls.

Zudem muss bei der Konstruktion der Schwinge keinerlei Rücksicht auf ein Krümmergewürm genommen werden. Hier griffen die Österreicher nicht einfach auf die üblichen Aluschwingen aus gezogenen Profilen zurück, sondern frästen aus dem Vollen ein wuchtiges, räumliches Gebilde. Geht dieses Teil tatsächlich in Serie, soll es aus Gussteilen und geformten Blechteilen verschweißt werden. Das WP-Federbein stützt sich entgegen der bisherigen PDS-Hausphilosophie nicht direkt an der Schwinge, sondern über Umlenkhebel ab. Damit sollen das im Straßen- betrieb besonders wichtige, feine Ansprechverhalten und eine progressive Kennung der Hinterradfederung erreicht werden. WP liefert auch die massive Upside-down-Gabel, an der die beiden Brembo-Vierkolbenzangen radial verschraubt sind.
Hinter der senkrecht angeschnittenen Verkleidung lugt rechts der Öltank mit praktischem Schauröhrchen hervor, links müssen elektrische Bauteile und die Batterie verstaut werden. KTM legt Wert auf eine aufgeräumte Optik, alle Kabel sind möglichst verdeckt verlegt. Ebenso ist der Rotations-Lenkungsdämpfer vor dem Steuerkopf weit- gehend unsichtbar. Lenkerschlagen ist folglich trotz üppiger Leistung, geringen Gewichts und sportlicher Geometrie kein Thema.
Der unter 60 Kilogramm leichte Motor soll das Gesamtgewicht auf 175 Kilogramm trocken drücken und neue Maßstäbe beim Leistungsgewicht im Zweizylinder-Bereich setzen. Zusammen mit den angepeilten 136 PS aus dem vollen Liter Hubraum verspricht das eine Dynamik, die sicherlich nicht weit von der aktuellen Vierzylinder- Generation entfernt ist. Direkte Konkurrenten sind jedoch die Zweizylinder-Sportler von Ducati und Aprilia. Denen gibt KTM nun bis zum Jahr 2007 Zeit, gut zwanzig Kilo abzuspecken. Und sich vielleicht auch die eine oder andere Kante abzugucken.
Quelle: MOTORRAD 23/2003 von Michael Pfeiffer und Gert Thöle
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« Wo ist Mini ??? »
Entwicklungsgeschichte Prototyp KTM RC8
MOTORRAD-Redakteur Werner »Mini« Koch verschwand. Sechs Monate später tauchte er wieder auf – mit dem ersten fahrfertigen Prototyp der fantastischen KTM RC8.
Chef, das muss ich machen!« Mini, langjähriger MOTORRAD-Tester, steht in meinem Büro, die Haare zerzaust, die Augen funkelnd. »So eine Chance bekommt man nur einmal im Leben! Ich brauche ein halbes Jahr Urlaub.« Was war geschehen? KTM-Chef Stefan Pierer sowie die Entwickler Wolfgang Felber und Philipp Habsburg hatten ihn gefragt, ob er nicht den Prototyp eines Sportmotorrads für KTM bauen wolle.
Der neue 950er-Motor eigne sich hervorragend dafür, und bei KTM seien momentan keine Entwicklungskapazitäten verfügbar. Wer Mini kennt, weiß, dass er sich so etwas nicht entgehen lässt. Hat er doch die Redaktion MOTORRAD schon mit einigen Eigenbauten beglückt, vom Suzuki-Einzylinder-Straßenbike auf DR-Big-Basis bis hin zu einer zum Naked Bike umgebauten Yamaha R1.
Daran erinnerte sich KTM-Entwicklungschef Felber auf der Suche nach einer Lösung. Und so kam es zu dieser Mattighofener Verführung, den leichtesten aller 1000er-V2 in ein Sportfahrwerk zu stecken. Nach Erörterung des Konzepts mit den KTM-Entwicklern verschwand Mini in seiner Werkstatt. Und in der Schmiede von Sam Wassermann und Robert Rieder, jenen begnadeten Rahmenbauern, die schon in den 90er Jahren teuflisch schnelle UNO-Rotax- Einzylinder auf die Räder gestellt haben.
Sam Wassermann baut Gitterrohrfahrwerke aus Präzisionsstahlrohr. Etwas anderes kam auch für die RC8 nicht in Frage. Ein kompakter Motor braucht einen kompakten Rahmen. Optimale Steifigkeit bei wenig umbautem Raum, dazu noch eine hübsche Optik. Der Hauptrahmen integriert den V2 als tragendes Element. Fast ausschließlich gerade Rohre verweben sich zu einem stabilen Chassis. Die Geometrie wurde reichlich sportlich ausgelegt. Nicht ganz 67 Grad Lenkkopfwinkel, nur 1390 Millimeter Radstand, kurze 91 Millimeter Nachlauf, wenn das mal kein nervöses Handling-Wunder wird. Aber Rahmenbauer Sam schwört auf eine solche, hundertfach im Rennsport erprobte Geometrie. Sein Geheimnis liegt in der sehr steifen Auslegung des Hauptchassis, das eine solch extreme Dimensionierung erlaubt.

Endlich stand das erste, geradezu filigran wirkende Versuchsmuster auf den Rädern. White-Power-Federelemente führen das Vorderrad und stützen die Schwinge ab. Die fertigte Sam ebenfalls als Gitterrohrkonstruktion. Bei der dem Publikum präsentierten RC8 trat allerdings eine kunstvoll aus dem vollen Aluminiumblock gefräste Schwinge an ihre Stelle. Aber nun fing die wahre Arbeit an. Elektrik, Züge, Wasserleitungen, Auspuffverlegung, Ölkreislauf – wohin mit dem Ganzen? Neue Lösungen mussten her, zumal das KTM-Triebwerk auch noch eine Trockensumpfschmierung mit Öltank verlangt. Vorteil des Gitterrohrrahmens: Es bleibt genügend Platz für die gesamte Motor-peripherie. Schnell war klar: Der Schalldämpfer muss unter das Triebwerk wandern. Die Idee: Die Hülle des Schalldämpfers sollte gleich- zeitig als Verkleidungskiel fungieren. Das ergibt ein riesiges Volumen, was dem Drehmomentverlauf des Zweizylinders hilft. Und konzentriert die Massen um den Schwerpunkt der Maschine. Meint Mini. Batterie und Öltank werden links und rechts neben dem vorderen Zylinder gruppiert, das ergibt ebenfalls eine schwerpunktnahe Einbaulage.
Der Öltank ist ein echtes »Mini-Spezialteil«. »Einen ganzen Tag bin ich durch Stuttgart gestolpert, von Laden zu Laden. Beim Computer-Fritzen habe ich ein tolles Material gefunden, das zur Kühlung von Speicherchips verwendet wird.« So kam Koch zu seiner fein verrippten Tankkonstruktion. Selbstverständlich darf eine von außen sichtbare Steigleitung zur Ölstandsanzeige nicht fehlen. Auch der Benzintank, eine Aluminiumkonstruktion, besticht mit Finesse. Die Unterseite ist gleichzeitig Deckel für die Airbox. So etwas hat bisher nur Design-Guru Massimo Tamburini bei der Ducati 916 gewagt. Es funktioniert aber ebenso bei dem Prototyp und schafft Raum für die Vergaser samt besonderer Betätigungskinematik.

Verkleidung und Höckersitzbank wurden ursprünglich für den Honda-Production-Racer NS 500 R laminiert, jenem Zweizylinder-Zweitakter, der vor einigen Jahren noch im Grand-Prix mitfuhr. Passt wunderbar um die schlank gebaute KTM und genügt funktionellen Ansprüchen. Vier Monate später dann der große Moment. Rotes Nummernschild montiert, Benzin und Öl eingefüllt und die Batterie angeschlossen. Läuft die Kiste? Der Starter müht sich ein paar Umdrehungen lang, dann bollert der KTM-Motor aus seinem seltsamen Schalldämpfer. Stößt ein paar schwarze Wolken aus, verschluckt sich ein paar Mal und dreht dann rotzig hoch.
Mini und Sam haben Tränen in den Augen. Das Baby spuckt zwar ein bisschen, behält aber alle Flüssigkeiten bei sich. Was will man mehr? 300 Liter Kaffee und keine Freizeit, mindestens zwölf Stunden am Tag schuften, unendlich viele Kilometer im Auto zu allen möglichen Zulieferern fahren – man sieht den beiden die Anstrengungen richtig an. Mini, musstest Du das wirklich machen? »Klar Chef, das musste ich machen!« antwortet Koch, und drückt mir die KTM in die Hand. Wie sie fährt? Steht in MOTORRAD 3/2004.
Quelle: MOTORRAD 26/2003 von Michael Pfeiffer
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Kleine umfangreiche Abschrift, aber vielleicht interessiert"s ja wen ...
Herzlichen Gruss chris-XX
PS. ... keiner ist unnütz, er kann immer noch als schlechtes Beispiel dienen !!!
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