8.5.2012, 05:00 morgens:Mein iPhone macht mit dem wohl schrecklichsten Alarmton den ich finden konnte meinem Schlaf ein jähes Ende. Zeit habe ich nicht - um 0730 geht die Anmeldung los um 0900 ist die verpflichtende Einschulung. Google hat mir für die Strecke zum Ring etwa 2:30h angekündigt. Also schnell unter die Dusche - Zähneputzen und die Zahnbürste in den sonst fertig gepackten Tankrucksack.
Das Anlegen des nagelneuen schwarzen Rennleders braucht Kaft - ich werde die Tatsache dass die Kombi eben nagelneu ist noch verfluchen. Ich habe sie im Herbst extra für die Gripparty gekauft - in Textil kann man ja nicht auf die Rennstrecke dachte ich, ausserdem hat die Textilkombi keine Knieschleifer - leider kam ich dieses Jahr noch überhaupt nicht zum Fahren da ich bis letzte Woche brauchte um meinem Motor das Stottern abzugewöhnen.
Noch schnell das billig China Intercom(ich brauche dringend ein neues) vom Ladegerät genommen und ab in die Garage. Eingeklemmt zwischen X3 und Wand steht sie: meine 2005er FZ6 Fazer. Sicher kein aussergewöhnlches Motorrad doch für mich als Anänger eine gute Wahl - günstig in der Anschaffung (hat auch schon genug KM) und weitere Kratzer tun nicht mehr weh.
Während der Motor warm läuft montiere ich den Rucksack auf den Bagster Tankschutz, programmiere die Route in mein iPhone (mit Navigon) und lege Helm und Handschuhe an.
Die Route ist recht uninteressant - A22, A23, A3 dann über Bundestrasse bis zum Ring - nur aufpassen dass ich nirgends auf die ungarische Autobahn komme - die ist kostenpflichtig hat mich mein Vater gewarnt. Es ist Kalt - ich hätt für die Fahrt zum Ring andere Handschuhe mitnehmen sollen - oder zumindest Unterhandschue. Der Weg von der Grenze zum Ring ist eigentlich schon richtig ungangehm.
In Sarvar treffe ich auf die ersten Motorradhänger - offensichtlich mit gleichem Fahrziel wie ich. Ich folge also einem Audi mit Kärnter Kennzeichen und 2 Supersportlern am Hänger. Da kommen die Zweifel wieder hoch: war das eine gute Idee? Ich mit meiner einen Saison Erfahrung auf der Rennstrecke? OK es ist „nur“ ein freies Fahren und in der Beschreibung stand dass es besonderst für Anfänger gedacht ist. Bis jetzt kannte ich nur ÖAMTC Trainings - vorwiegend mit dem Auto - da war ich auch nie überfordert. Es wird schon gehen beruhige ich mich.
Um etwa 0820 erreiche ich die Einfahrt zum Gelände - vorbei an der Tankstelle und dem Fahrerlager fahre ich vor bis zu Ciao Mario. Was ich sehe verunsichert mich zusehends - überall Wohnmobile, Anhänger, Rennmaschinen mit aufgezogenen Reifenwärmer, Stapel von Slicks…
Planlos biege ich nach rechts zum Race Office ab und halte neben einem Mann der gerade seine BMW abklebt
Gripparty 1000PS?? frage ich ihn
Ja
Ich bin eingeschüchtert… gebe ich zu - er versucht mich zu beruhigen
alles ganz locker - wird dir Spaß machen.
Nicht ganz überzeugt gehe ich zur Anmeldung: Führerschein, Haftungsverzichtserklärung, ich bekomme 2 Grüne Armbänder die mich die nächsten beiden Tage als Anfänger brandmarken sollen - für mich eine Erleichterung, eine Ausrede sozusagen.
Bis zur Einschulung um 0900 habe ich noch etwas Zeit - ich klebe noch schnell meine Maschine ab und begebe mich zur Box 2.
Suzuki und BMW sind mit Leihmaschinen vor Ort - interessieren würden sie mich ja aber ich verschwende noch keinen Gedanken daran mir unbekannte Geschosse auszuborgen - erst mal sehen wie es mir mit meinem Mopped geht.
Die Einschulung ist wie meißtens - wenig überaschungen aber es muss halt gesagt werden. Die Instuktoren werden zugeteilt - ich gehe einfach mit irgendjemand mit - Burgi hat mich auferlegt bekommen - sorry Burgi
Nochmal ein paar kleinigkeiten erklärt bekommen wie das Zurückfallen an der Zielgeraden und dann wars das auch schon: Treffpunkt 1000 bei der Streckeneinfaht.
Ich reihe mich gleich als erstes hinter Burgi mit ihrer Honda ein. Beim Blick auf die Slicks fällt mir wieder ein dass sie - laut eigener Aussage - die erste Runde sehr langsam fahren muss um Reifentemperatur aufzubauen. Das im Gedanken macht es nicht leichter zu verkraften dass ich schon ärgste Problem habe an ihr dran zu bleiben. Wie ausgemacht schere ich auf der Zielgeraden nach rechts aus und gehe vom Gas - das sollte das letzte mal in diesem Turn sein dass ich meine Gruppe sehe - die waren erst mal weg.
Ohne die helfende Linie eines vorausfahrenden Instruktors fühle ich mich auf einmal sehr verloren - dass mich nun alle Gruppen überholen macht das nicht besser. Ich fühle mich als hätte ich mich mit dem Fahrrad auf die Autobahn verirrt, die abgeklebten Rückspiegel machten es mir zudem unmöglich zu erkennen ob jemand zum Überholen ansetzt. Ich halte mich daher immer so dass ich möglichst nicht im Weg bin.
Endlich laufe ich auf jemanden auf der noch langsamer ist als ich - so fahren wir den Turn zu Ende - danach: Fragestunde. Meine erste Frage lautet wo ich eigentlich am wenigsten im Weg stehe……
Burgis Idee mich in eine langsamere Gruppe zu verschieben kann ich trotz aller Enttäuschung natürlich nicht widersprechen - nur gibt es keine langsamere Gruppe. Auch Großmeister Nils zeigt sich angesichts meiner Leistungen sichtlich ratlos - Burgi verspricht mir eine Gruppe für mich zu suchen - ich sollte es spätestens vor dem nächsten Turn erfahren. So mache ich mich auf über meine Unfähigkeit nachzudenken. Evtl. war es doch keine so gute Idee mich in meiner 2. Saison auf die Strecke zu wagen….
Burgi hat dann doch noch jemanden gefunden der sich meiner annehmen sollte. Also starte ich meine nächste Runde mit Blick auf die beiden Endrohre einer schwarzen Street Tripple - aber auch diese Gruppe sollte ich nach er ersten Runde verlieren - es wird nicht besser. Die Linkskurven gehen - sogar recht gut aber die Rechten haben einen 5° Schräglagen Anschlag……
2. Turn geschafft - doch die Hoffnungen schwinden. Wenn man von einem Roller überrundet wird nagt das schon etwas am Selbstwertgefühl….
Mittagessen - leider nur Buffet also nix mit dem Kängurusteak das ich bei Mario probieren wollte - doch Hauptsache was im Bauch.
Eine Fahrt mit Instruktor habe ich noch - dannach 2 Turns auf mich allein gestellt - das kann ja was werden.
Die vermeintlich letzte begleitete Fahrt war wie die vorherigen - ich komme nicht weiter. Doch mein Mentor hat Mitleid und bietet mir an die beiden letzten Turns exklusiv mit mir zu Fahren! Ich denke genau das hat mir den Tag gerettet - nach dem ersten der beiden exklusiven Turns geht es mir plötzlich deutlich besser - nach dem Letzten kann ich sogar ein Lob ernten. Plötzlich als hätte jemand einen Schalter umgelegt gelingen Rechts wie Linkskurven gleichermaßen. Ich bremse Kurven nicht mehr an nur um dann nach dem Einlenken zu bemerken dass ich VIEL zu langsam bin. Der Gipsverband um den Schultergurt beim einlenken löst sich nach einmaligem Durchatmen am Kurveneingang. Ein breites Grinsen kommt auf.
Das ist der Punkt an dem ich erkenne gleiche beide Tage zu buchen das beste war was ich tun konnte.
Ich beziehe nun erst mal mein Zimmer bei Mario. Gebucht habe ich ein Einzelzimmer mit Frühstück um 40€. Ich Betrete das Zimmer. Es ist ein kleiner Raum mit einem simplen Bett einem kleinen Fernseher mit Sat Receiver und Bad.
Duschgel, Seife oder auch ein Handtuch gibt es nicht, dafür eine Bibel, ob man mir damit etwas sagen will? Egal ich schäle mich aus der Lederkombi und gehe erst mal Duschen. Nach einem Burger bei Mario (den bestell ich nicht mehr) lege ich mich schon recht früh schlafen - ich will morgen fit sein.
Mit dem Frühstücksbon bekommt man ein Getränk und ein Essen bei Mario. Ich bestelle mir Ham and Eggs und einen Orangensaft bei der hübschen Kellnerin. Beim Essen überlege ich ob ich mir nicht wirklich eine Maschine Ausleihen soll. Reifen und Sprit sind gratis, die Maschinen mit max 1200(BMW) und 2000€ (Suzuki) versichert - also eigentlich billiger als meine eigene kaputt zu machen….
Ich meine dass ich es eigentlich bei einem der späteren Turns riskieren kann.
Die GSR 750 ist leider schon besetzt als ich zur Anmeldung komme. Die GSX-R kann ich für den letzten Turn buchen, die S1000RR für den vorletzten. Beim 2. Turn hätte ich noch die Möglichkeit die F800R zu testen - doch eigentlich hätte ich gerne noch mehr Übung bevor ich fremdes Motorrad über die Strecke jage.
Nachdem es mir beim ersten Turn jedoch ganz gut ging und ich meine Gruppe zum ersten mal nicht verloren habe riskiere ich es und trage mich für die F800 ein. Ohne Großer Erwartungen steige ich einige Minuten vor dem 2. Turn auf um noch einige Runden auf dem Parkplatz zu drehen. Eigenartig leicht fühlt sie sich an - kompakt wie ein Roller und trotzdem kraftvoll. Auf der Rennstrecke bin ich zwar gefühlt langsamer als mit meiner Fazer doch das liegt daran dass ich mich nicht traue mit dem ungewohnten Motorrad Gas zu geben - doch sogar ich fühle dass da mehr geht. Nach dem Turn wollte ich sie am liebsten gar nicht mehr hergeben - es wird wohl Zeit den BMW Dealer zu besuchen……
Den 3. Turn fahre ich wieder mit meiner. Es geht konstant bergauf aber nicht sehr steil. Spaß macht es aber allemal.
Zum 4. Turn kam das wovor ich schon den ganzen Tag Angst hatte - die S1000RR - und das auf mich alleine gestellt. Ich bitte den Wächter der BMW Moppeds das Ding auf Idiotenmodus einzustellen und falte mich ich den Sattel. Alltagstauglich ist schon mal was anderes aber man muss alles mal probieren.
Der Post ist schon lange genug daher verkneife ich mir jetzt mal meine Erfahrungen mit der RR - ausserdem kann man das nicht erklären - das muss man erfahren.
Nur so viel - sie lebt noch. Änderst als die GSX-R mit der ich meinen letzten Turn hätte fahren sollen - die hat jemand ins Kiesbett gelegt bevor ich Gelegenheit dazu hatte.
Also fahre ich den letzten Turn wieder mit meiner. Nachträglich muss ich sagen dass es besser war denn dieser Turn war einfach genial - ich habe die Maschine zum ersten mal fast durchgehend bei über 9000RPM bewegt und da geht so richtig was weiter - plötzlich holte ich sogar beim Beschläunigen aus Kurven deutlich auf Vorausfahrende auf - auch wurde ich kaum noch überholt - hab mir sogar selbst ein oder 2 geschnappt
Das große AHA-Erlebnis kommt beim Einfahren in die Boxengasse: das Motorrad ist weg! Diese schwere unbewegliche Maschine unter mir ist verschwunden es fühlt sich plötzlich mehr an wie ein Fahrrad - leicht und wendig. in Kurven kippt es plötzlich einfach hinein. Ich habe das Gefühl als könnte ich es loslassen und es würde einfach von alleine weiterfahren.
Nachdem ich meinen Rucksack wieder aufs Moped montiert und das Klebeband entfernt habe mache ich mich auf den Heimweg. Das Gefühl des fehlenden Motorrads bleibt die Ganze Heimfahrt - echt beeindruckend was 2 Tage Rennstrecke ausmachen können. Ich habe schon viele Trainings beim ÖAMTC gemacht (mit dem Auto) und keines hatte jemals einen solchen Lerneffekt. Meiner Meinung nach sollte man anstatt des Mehrphasentrainings lieber alle 2 Tage auf den Ring schicken. Das ist definitv sinnvoller denn das Mehrpahsentraining ist mehr so ne Art Demoversion des ÖÄMTC - sie zeigen was sie alles haben und man darfs mal ausprobieren aber das wars auch schon - Lerneffekt mangels Praxis nahe null.
So das war nun mein Bericht über 2 Tage Pannonia aus der Sicht eines kompletten Anfängers.
Kann ich es weiterempfehlen? AUF JEDEN FALL!!!
Auch für Anfänger? JEIN - Ich bin sehr froh es getan zu haben und ich werde wieder fahren. Wenn man sich nicht überschätzt und einigermaßen besonnen fährt kann man sich und seinem Moped auch nicht wirklich weh tun und der Lerneffekt ist unübertroffen.
Was spricht dann dagegen? Ein oder 2 Planlose wie mich erträgt die Veranstaltung so halbwegs - auch wenn ich einigen wohl ziemlich im Weg gestanden haben muss. Ich weis nicht was die Jungs und Mädels von 1000PS machen wenn eine ganze Horde von Leuten wie mir auftaucht und die ganze Strecke zuparken. Denn am Anfang war ich definitiv zu langsam um nicht im Weg zu sein.
Macht es Sinn gleich 2 Tage zu nehmen? AUF JEDEN FALL - die 40€ fürs Hotel sind noch das billigste an dem Spaß und ich konnte erst den 2. Tag wirklich genießen.
Ich hoffe ich konnte dem Ein- oder Anderen der am Überlegen ist etwas helfen und einen Eindruck verschaffen.
An dieser Stelle auch ein Großes Dankeschön an alle die mitgewirkt haben.
Allen voran natürlich dem Team von 1000PS die das ganze erst möglich gemacht haben und die so viel Geduld mit mir bewiesen haben aber auch an die beiden freundlichen Herren von BMW die mich mit so schönen Spielzeugen haben fahren lassen.
lg
Alex