MK1971
Beiträge: 5634
Mitglied seit: 11.7.2012 Wohnort: Linz Status: offline
|
Da immer wieder zu lesen ist, wie die "härteren Federn" ein härteres Fahrwerk simulieren können sollen oder es sich zumindest so anfühlt oder es gar so sein könnte, dachte ich mir, ich versuch mal ganz einfach - für wirklich echte Techniklegasteniker - zu erklären, wie denn so eine Feder und ein Dämpfer ihren Beitrag zum Fahrgefühl beitragen. Also vorweg: Die härteren Federn gibt es zwar, aber die sind nicht das was ihr euch ins Motorrad einbauen wollt! Fangen wir mal bildlich an und stellen uns ein Trampolin vor, das ist dieses Ding in dem eure Kinder im Garten rumspringen. Und wie durch ein Wunder hat das nämlich auch Federn rundum dem Tuch. Also wenn da so ein Kind, nenne wir sie Klara, mit sagen wir mal 35kg reinspringt, dann geben die Federn und das Sprungtuch eine gewisse Strecke, sagen wir mal 35cm, nach, das kennen wir alle. Jetzt setzen wir noch den Freund Elvis dazu, das ist der dein keiner mag, besonders nicht im Trampolin, weil er 65kg aufträgt. Was macht jetzt unser Trampolin? Also wenn der Elvis springt, dann gibt das Trampolin mehr nach, sagen wir der Einfachheit halber 65cm, als vorhin bei Klara. Da beginnt unser Hirn schon mit dem ersten Fehle, es "denkt" wenn da mehr Gewicht draufkommt, dann geben die Federn mehr nach - das stimmt ja auch. Aber der Fehlgedanke liegt schon im Hinterkopf bereit - lassen wir das mal so im Raum stehen. Jetzt ist Elvis müde, und sitzt einfach nur dumm rum, das kann er am besten. Das Trampolin ist nun dauerhaft etwas tiefer als zuvor, sagen wir mal es ist nun 30cm tiefer als ohne Elvis. Klara springt wieder, passt dabei auf nicht an den dicken Elvis anzukommen und das Sprungtuch senkt sich bei jedem Sprung um ... Wer weiß es? Ja genau um 35cm! Genau wie ohne Elvis. Und hier sagt unser Gehirn: AHA! Es ist nämlich so, daß die Federn unser beladenes Motorrad, genau wie das Sprungtuch, nur auf ein vom Konstrukteur gedachtes Niveau halten. Wenn wir es mehr beladen gehts es tiefer runter, wenn wir es weniger beladen bleibt es weiter oben. Schläge durch Bodenunebenheiten oder durch Kräfte, wie zb in den Kurven oder über Bergkuppen, wirken wie Sprünge von Klara, oder Elvis, wenn wir unsere Mama hinten drauf haben. Und wenn eben Mama drauf sitzt und wir mittels Federvorspannung unsere zu tiefes Motorrad wieder auf das vom Konstrukteur gedachte Niveau heben, dann drückt zwar schon etwas auf die Feders, aber sie werden deswegen nicht härter! Oben schlich sich der Denkfehler ein, weil unser Hirn denkt, wenn ich mit 200kg 2cm runterdrücken kann, mit 250kg 3cm, mit 300kg, 4cm und mit 350kg ... also wenn ich immer mehr Gewicht oder mehr Kraft benötige um die Feder zusammenzudrücken, dann wird sie mit zunehmendem Zusammenpressen immer stärker. Ja das wird sie auch, aber eben nicht so wie unser Gehirn es sich ausdenkt. Denn selbst wenn wir mit 350kg beladen sind und dann jemand draufspringt oder eben eine Bodenwelle diesen Sprung simuliert, dann gibt die Feder genau soviel nach wie wenn mit 200kg jemand mit selben Gewicht draufspringt - ergo federt sie "gleich stark" - das hatten wir oben bereits als Elvis dumm rumsaß. Das ist auch viel einfacher für unser Gehirn zu verarbeiten. Wir merken uns: Die Feder gibt bei gleichem Druck immer gleich viel oder gleich stark nach, unabhängig davon was an Belastung schon ganze Zeit draufdrückt. Eine Feder mit konstanter Federrate wird demnach nie härter. Das muss auch so sein, sonst würden sich die Konstrukteure verdammt schwer tun ein Fahrwerk zu entwickeln. Jetzt haben sie zeitlebens daran gearbeitet konstante Federn zu bauen, jetzt lassen wir ihnen den Erfolg. Was macht aber nun ein Fahrwerk härter?!? Naja, einfach nur der Dämpfer. Zurück zum Trampolin ... wir stellen es nun ins Wasser und vergessen mal komplett, daß der dicke Elvis ohne sich zu bewegen schwimmt. ;) Das Wasser bremst nun die Geschwindigkeit des Ein- und Ausfederns, eigentlich brauchen wir das Trampolin gar nicht mehr um das bildlich klar zu machen. Wasser alleine reicht schon. Wenn Klara nun ins Wasser springt dann wird ihr Sprung wesentlich stärker gebremst als in der Luft, sie sinkt also langsamer zu Boden, erreicht ihn hoffentlich nichtmal und irgendwann kommt sie wieder hoch. Klara fällt also langsamer runter, aber sie fällt. Ohne Wasser wäre so mancher Sprung ins kalte ... äh ... Nichts ziemlich lebensgefährlich. Elvis der Held springt nun, um Klara zu imponieren, vom 10m Turm und aufgrund seiner kompakten Form spielt es keine Rolle wie er sich dreht, es wirkt immer wie ein Bauchfleck. Ja und das Wasser wird jetzt ziemlich hart, steinhart sogar, Elvis wird knallrot. Und das macht unser Dämpfer wenn er zu hart ist und der Schlag zu groß, er wird wie Beton. Das vergisst man gerne. Harte Dämpfer sind also nur gut wenn man nur ganz kleine Sprünge macht - sprich die Straße verdammt schön eben ist. Bevor man also nach härterem Fahrwerk lechtst und sich von irgendwem einreden läßt, daß man das irgendwie auch mit der Feder erreicht, sollte man an Klara und Elvis, Trampolin und Sprungturm denken. ;) Wir merken uns: Nur der Dämpfer kann ein Fahrwerk härter oder weicher machen und wir merken uns auch, daß sich hart zwar unheimlich cool anfühlt, aber da es um Federn geht auch selten das richtig ist. ;) Ich hoffe es hat euch gefallen und ein bissl geholfen. Viel Spaß in der nächsten Saison! Daß es progressive Federn gibt, haben wir alle mal schon wo gelesen, aber die sind selten in den Motorrädern verbaut, die sich der, für den dieser Beitrag etwas neues bietet, kauft. Darum wurscht.
< Beitrag bearbeitet von MK1971 -- 21.10.2013 19:16:41 >
_____________________________
Zum Streiten gehören zwei! Aber nerven kann ma auch alleine. Ich streite nie! Ich versuche nur zu erklären warum ich Recht habe.
|