Days of Glory! Kurzgeschichten aus vergangenen Tagen - 24.8.2004 14:08:00
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steveman
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„Heee das is ja warm da!“ dachte der junge Feldhase als er sich auf den schwarzen Asphalt schmiegte und in die aufgehende Sonne blickte. Es war noch kühl und auf der Lichtung neben der Strasse war das Grün der Wiesen nur schemenhaft zu erkennen, denn es lag Bodennebel wie Zuckerwatte in der grünen Senke. Die Vögel zwitscherten schon wie verrückt und sonst war kaum ein Geräusch zu hören.
Ungefähr 10km vom Ort des geschehens warf der Branntner Hannes grade seine GSXR 1100 an. Brabbelnd lief der 4-zylinder mit Chokehilfe während der Hannes seinen Helm aufsetzte und die Handschuhe über die klammen Finger stülpte. Mit dem lederbewährten Unterarm wischte er die Feuchtigkeit vom Sitz und stieg auf. Er zupfte am Gasgriff und der Yoshimura-Anlage entwich ein Donnergrollen. „Orschpartie!“ dachte der Hannes „sollt’s ruhig auch was davon haben es faulen Hund es!“ und er gab noch ein paarmal kurz Gas das die Suzuki bellte wie ein getretener Münsterländer. In den umliegenden Häusern des Dorfes wusste man nun, dass der „deppate Branntnerbua“ sich auf den Weg in die Hacken machte.
Der Hannes schob den Choke zurück und mit einem „Klack!“ legte er den Einser ein und liess die Suzuki mit moderater Drehzahl auf die Strasse rollen. Der Luft-Ölgekühlte 1100er-Treibsatz den er mit speziellem 20-50er-Öl befüllt hatte benötigte doch eine Weile um warm zu werden. Die Arias-Kolben mit speziellem Kolbenhemd und die anderen feinen Teile im mächtigen 1100er wurden immer behutsam warmgefahren bevor es zum Inferno der Höchstdrehzahl kam.
Der Hase schmiegte sich eng an den warmen Asphalt, der die Wärme des Vortages offensichtlich gespeichert hatte. Subjektiv natürlich, denn auch der Asphalt war saukalt aber halt doch fühlbar wärmer als die feuchten Wiesen. Ein oder zwei Grad vielleicht. Freund Feldhase kniff die Augen zusammen. In der Ferne schwoll ein erst fast nicht zu hörendes Heulen zu einem nunmehr deutlichen Röhren an. Immer wieder hörte man das Auf- und Abschwellen des Geräusches. De Hannes wand gerade den Zweier der Yoshi-Suzuki aus wie ein nasses Handtuch und klopfte aus der bergab rechts den Dreier hinein um auf die in die Senke führende Gerade ordentlich Schwung mitzunehmen.
Freund Hase war schlagartig ganz wach, starrte in den sich rasend schnell nähernden Scheinwerfer der branntner’schen Suzuki und entschloss sich blitzartig aufzustehen.
Der Hannes kam eigentlich nur noch dazu den Gasgriff auf Null zu stellen, für’s Lenken oder Bremsen fehlte einfach die Zeit. Einer Sprechblase gleich bildete sich in seinem Kopf ein furchtbar lauter aber doch völlig unhörbarer Schrei, der von der hinteren Schädelwand wie ein Echo reflektiert wurde. „FUUUUUUUCK!!!!!“
Der Hase beschloss loszurennen und bekam in der Sekunde das wunderbare Muster des damals obligaten Dunlop D204 Sportmax ins Fell gestanzt. Als die Hasenseele gerade den Hasenkörper – oder sagen wir besser das was davon übrig blieb – verließ war der Hannes schon gut 25 Meter weiter und versuchte die schlingernde Suzuki einzufangen.
Die drei Radfahrer genossen den kühlen Morgen und ihre Körper waren schon von den vorangegangenen Kilometern durchwärmt. Mit den nach unten gebogenen Lenkern und den bunten Dressen, eines davon von Colnago, sahen sie recht schnittig aus. Wie üblich fuhren sie nebeneinander und unterhielten sich schnaufend über den Giro’d Italia. Plötzlich vernahmen sie ein singendes Geräusch, welches durch die Kette einer sich schnell nähernden, aber aufgrund gezogener Kupplung im Leerlauf drehenden und daher relativ leisen Yoshimura-Suzuki verursacht wurde.
Der wegen der Hasenkollison auf die Gegenfahrbahn gekommene Hannes sah die drei Radler, konnte aber nur wieder innerlich schreien und nichts wirksames tun. Die drei Pseudo-Rennfahrer spritzten wie wild auseinander und verteilten ihre Körper und Räder ungleichmäßig in den Gräben links und rechts von der Strasse. Ein lustig anmutendes Bild wie zwischen verbogenen Papierdünnen Felgen und davonfliegenden Kapperln und Trinkflaschen die Herren Radrennfahrer herumkugelten.
Der Hannes beschloss nun genug Fahrstabilität erreicht zu haben um die Kupplung wieder auszulassen und die Drosselklappen auf „Habt Acht!“ zu stellen. Die Suzie brüllte auf und schoß davon. Den Radfahrern ist Gott sei Dank nichts passiert, aber sie fluchten wie wild und fuchtelten herum. Völlig sinnlos.
„Osrchpartie!“ dachte der Branntner „was foahren’s a nebeneinander de Dodeln. Gut a bissi weit drüben war i schon, aber wärens korrekt am Rand gfohrn war es sich locker ausgangen“.
Der Branntner stand an der Werkbank und feilte an einem Bremsexzenter herum als der Meister kam. „Stöll da vur Hauns, do hot a Motorradelfoahrer drei Radlfoahrer zsammgführt, de ham mi aufghoiten und gebeten das i die Vafolgung aufnimm. Du wast jo nix davon? Sogn ma rein zuföllich?“
Aber der Hannes wusste ehrlich nichts davon, weswegen die Geschicht ungeklärt blieb.
Übrigens gab es bei einem der Radfahrer an diesem Abend frischen Hasen.
Greez Steveman
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