Michelin Power 5

Kilometer-Stand bei der Montage: 59’410
Aktueller Kilometer-Stand: 60’157
Reifendruck: vorne 2,2 bar, hinten 2,4

Auf der Heimstrecke überzeugt der Reifen mit dem Grip und dem Handling sofort.
Nach dem Losrollen stellt man sofort eine massive Veränderung am Motorrad fest.
Im Ernst: Ich bin noch nie einen Reifen gefahren, der so handlich ist. Die Ducati giert förmlich nach Kurven. Die Kontur des Reifens muss ziemlich spitz sein.
Und der Power 5 hält, was er verspricht. Geradezu spielerisch lässt er sich in Kurven werfen, in Wechselkurven ist er gefühlt fast ohne Einsatz von der einen in die andere Schräglage zu werfen.

Wir haben am Freitag eine Tour über rund 670 km über Alpenpässe unternommen.

Auf der Autobahn nach Chur bei heftigem Gegenwind zeigt sich zuerst einmal die Negativ-Seite der spitzen Kontur:
Die Multi entwickelt mit Koffer (nur einer montiert) ein deutliches Eigenleben.

An der Lenzerheide und an der Albula muss der Power 5 beweisen, was er kann. Und er kann viel, sehr viel sogar.
Das Handling habe ich schon angesprochen, auf der Bremse ist der Reifen eine Bank.
Der Reifen verzahnt sehr gut mit allen erdenklichen Belägen. Jederzeit ist absolut transparent, was das Vorderrad tut, wo es sich befindet und wo es hin will.
Die Eigendämpfung des Reifens ist zwar unter dem des Michelin Power RS, aber dafür bietet der Reifen mehr Feedback.

Die Bernina hinauf hat der Reifen dann gezeigt, was er auf ultrafeinem Belag kann. Und hier muss ich sagen, dass ich einige feine Rutscher am Hinterrad hatte.
Ja, ich fahre ohne Traktionskontrolle und ja, die Kurvengeschwindigkeiten sind hoch. Aber dennoch: Hinten stellt sich immer mal eine kleine Unsicherheit ein.

Danach ging es über den Forcola di Livigno, und bis zum Pass hoch lieferte der Power 5 eine beeindruckende Vorstellung. Sobald der Belag etwas rauer ist, verzahnt der Reifen 1a, und kein Rutscher trübt die Freude, auch beim harten Angasen.
Über den Passo di Foscagno fuhren wir dann nach Bivio, nur um festzustellen, dass der Stelvio von Bormio aus geschlossen ist.
Also zurück, Passo di Foscagno, dann rüber in’s Val di Spöl, Ofenpass, Sta. Maria und den Umbrail hoch.
Auch hier wieder: Der Reifen harmoniert perfekt mit der Ducati. Lenkt präzise ein, handlich, Grip ohne Ende.
Den Umbrail hoch, dann weiter zum Stilfserjoch, um dann über Prato wieder in’s Val Müstair zu fahren.
Die 42 Kehren runter nach Prato waren für den Vorderreifen nicht das kleinste Problem. Jedesmal hart anbremsen, auch auf aufgebrochenen Belägen, lässt den Vorderreifen nicht einmal aus der Ruhe bringen.
Allerdings hatte ich zwei Mal einen Hinterrad-Rutscher beim rausbeschleunigen, der sich jedoch problemlos abfangen liess.
Ich schiebe diese 2 Rutscher auf den Fahrbahnbelag, da dort die Decke doch ordentlich aufgerissen war.

Wir fuhren zurück über den Ofenpass, um in Zernez dann nach Südosten abzubiegen, da wir nach einen kurzen Pause in Zuoz nochmals über die Albula und die Lenzerheide nach Hause wollten.
An der Albula-Südflanke beim hochfahren gab es wieder keinerlei Probleme, nur viel Grip und Spass.
Der verging mir allerdings kurz nach der Passhöhe, als ich in der 5 Kurve beim rausbeschleunigen einen richtig heftigen Rutscher in der Linkskurve hatte.
Auch der zeigte sich gut an (generell zeigt der Reifen seine Gutmütigkeit in jeder Situation), liess sich perfekt abfangen, aber dennoch:
Bis nach Alvaneu hielt die Unsicherheit an, und ging erst wieder im Anstieg zur Lenzerheide weg.
Den Rest der Route war der Reifen unauffällig, was in diesem Fall ein Kompliment ist.

Technisches:
Er wird sehr schnell warm, das Temperaturfenster ist allerdings mittelmässig hoch. Darauf schiebe ich auch den Rutscher am Albula.
Kies oder ähnliches war dort nämlich nicht erkennbar, der Belag aber sehr fein (erst kürzlich ersetzt) und die Sonne brannte heiss die ganze Zeit drauf.
Und das führt mich zum einzigen Negativ-Punkt, den ich gefunden habe:
Der Grip bei sehr feinem, guten Belag.

Fazit:
Der Power 5 übertriff seinen Vorgänger, den Pilot Power 3, in jedem Belang (Ausnahme Regen, denn das konnte auf Grund dessen Fehlens nicht getestet werden) in jedem Bereich, speziell beim Bremsgefühl und beim Einlenkverhalten hat der Power 5 mit seinem Vorgänger gefühlt gar nichts mehr gemein.
Das Abriebbild lässt hoffen, dass die 2’500km auf dem Hinterreifen locker zu reissen sind, vorne sowieso.
Für die Rennstrecke dürfte dieser Reifen maximal bedingt zu empfehlen sein, da mir sein Temperatur-Fenster dafür doch zu gering ist.
Aber auf der Strasse gibt es für den Reifen 9 von 10 Punkten.

Beste Grüsse

Sam