Hallo zusammen
Ich habe mir vor rund einem Monat den neuen Pilot Power RS auf meine Ducati Multistrada aufziehen lassen.
Am 03-AUG-17 bin ich über 620km nach Bourg-en-Bresse gefahren. Davon waren rund 100km auf der Autobahn, der Rest waren vor allem kleine Strassen vom Typ Dxx bis hin zu Schmugglerstrassen im Grenzgebiet des Jura.
Hinzu kommt, dass vor allem im westlichen Jura viele Strassen im wieder mit Rollsplitt bearbeitet waren.
Temperaturen waren bis zu 37 Grad heiss. Auf den Hochplateaus im Jura (auf 1’000MüM und höher) waren es immer noch über 30 Grad.
Gestartet bin ich um 0645h in Gibswil und habe das Motorrad bis nach Rüti (12km) nur rollen lassen, um da den Reifendruck vorne und hinten nochmals zu überprüfen.
Nach dieser Distanz, in der ich wirklich kaum Zug auf den Reifen hatte, war der Reifen schon mehr als Handwarm und sogar die Felge war schon warm hinten.
Danach ging die Fahrt auf der Autobahn nach Olten, dann in’s Baselland (Fricktal), um dann über den Basler- (Rothenflue), Solothurner-Jura (Schengenpass) bis in den Kanton Jura (Delemont, Moutier), dann immer wieder dem Doubs entlang und darüber und zurück.
Im Basler- und Solothurner-Jura habe ich 2x Regen erwischt, einmal richtig nass, das zweite Mal nur feucht.
Dabei habe ich folgendes Verhalten festgestellt:
Wenn es richtig Wasser hat, reicht die Drainage des Reifens nicht aus, um das Wasser sauber herauszuarbeiten. Dabei rutscht vor allem der Hinterreifen gutmütig weg, zeigt es also sachte und gut an.
Ist es aber nur feucht, wie beim zweiten Mal, dann hält der Reifen wie der Pilot Power 3, und es kann richtig reingehalten werden.
Dabei hat der RS dem PiPo3 voraus, dass, weil er viel schneller Wärme aufbaut und diese auch besser behält, der RS im Regen auf Bitumen NICHT wegschmiert.
Von der Kontur her ist der RS viel Runder als der PiPo3, der eine breitere Flanke und eine viel spitzere Kontur hat.
Das mindert das Handling beim RS spürbar. Es gibt also mehr zu tun, um die Kurven auszulösen.
Einmal in Schräglage fehlt dem RS zudem das vom PiPo3 gewohnte ‘Anlehngefühl’, das beim PiPo3 ein solch grosses Vertrauen einflösst.
Der RS hat dafür den Vorteil, dass er einmal in Schräglage viel besser zu korrigieren ist. Die Linien lassen sich wunderbar korrigieren.
Leider läuft er dabei aber auch Spurrillen nach.
Gaga wir der Reifen allerdings, wenn er richtig heiss ist (heiss heisst, dass man die Hand kurz auflegen kann und sofort wieder wegzieht, weil zu heiss, sprich irgendwo bei 65 bis 75 Grad):
Dann klebt der Reifen wie Leim, sogar, wenn der Belag aufreisst wegen der Hitze, oder Bitumen halb-flüssig auf der Strasse liegt. Das interessiert den Reifen überhaupt nicht. Ich habe den
Gummi dabei weder auf der Bremse noch am Gas an’s Rutschen gebracht.
Speziell die Details sind wichtig:
Der Reifen ‘reibt auf’, sprich er kriegt auch auf der Strasse ein Bild wie auf der Rennstrecke.
Wegen der runden Kontur ist auf der Strasse rausfahren bis an die Kante kaum machbar.
Der Reifen sieht zwar nach Gebraucht aus, aber echter Verschleiss ist nur bei ganz genauem Hinsehen zu sehen.
Die Fahrt nach Hause heute Sonntag begann später und ging direkter.
Ich versuchte, die Rollsplitt-Strecken zu vermeiden und habe ‘nur’ 510km gemacht.
Da es nun weniger heiss war, war ich fitter und konnte mehr reinhalten.
Das Reifenset ist sicher nochmals für dieselbe Distanz gut, dürfte somit voraussichtlich dieselbe Anzahl Kilometer erreichen wie ein PiPo3, der beim mir vor allem darum leidet, weil ich ihn ständig im Wheelspin halte bei der Kurvenausfahrt und darum solch extrem grosse ‘Treppen’ an der Flanke auftreten.
Ich bin gespannt, wie der Reifen auf der Rennstrecke funktioniert.
Heute beim heftigen Angasen ist mir zudem folgendes aufgefallen:
Gemäss Michelin soll der RS die härtere Karkasse haben als der PiPo3. Als Bestätigung dafür stellt sich der RS beim Bremsen leicht auf und bleibt nicht so schön neutral wie der PiPo3.
Komisch dabei aber ist: Das Chattering, das ich sonst immer hatte, ist weg!
Keine Probleme mehr beim Anbremsen, dafür fehlt mir ab und an die Transparenz auf der Bremse für das Vorderrad und ich traue mich nicht, noch mehr zu bremsen.
Für die härtere Karkasse spricht auch, dass ich trotz beiden Koffern kein Pumpen am Hinterrad hatte. Darum verwundert mich die Reaktion auf der Bremse. Das würde ja bedeuten, dass meine Gabel allenfalls unterdämpft ist, was ich kaum glauben mag.
Mittlerweile hat der Reifen satte 2’000 km auf dem Gummi und noch immer massig Profil-Tiefe zu bieten.
Fazit:
Im trockenen ist der RS eindeutig erste Wahl.
Das geringe Handling und die Schwäche bei richtig viel Wasser und das etwas nervöse Verhalten in den Kurven werden durch einen geradezu abartigen Trockengrip, super Bremsperformance und einem Super-Feedback mehr als kompensiert. Wenn sich die Haltbarkeit dann auch noch so einpendelt wie beim PiPo3, dann gibt es nur noch 2 Argumente für den PiPo3:
Den Preis und die Nasshaftung, die er vor allem dann ausspielen kann, wenn das Wasser quasi steht.
Somit ist der PiPo3 zwar der bessere Allround-Reifen, aber bei den meisten Motorrädern und -Fahrern dürfte der RS die bessere Wahl sein, da die wenigsten im Regen fahren wollen.
Und noch ein Tipp:
Der Reifen wurden bei den ersten Fahrten mit 2,3 bar vorne und 2,5 bar hinten gefahren.
Besser ist, 2,5 vorne und 2,3 bar hinten zu fahren.
Das verbessert das Handling und der Grip legt nochmals zu.
Gruss
Sam