"Die gesetzliche Mindestprofiltiefe muss auf 75% der Lauffläche vorhanden sein. " - Diesen Satz kennen ja viele. Was ich aber nicht weiß: Wie werden die Angststreifen berücksichtigt?
Vielleicht ist es ja sogar „dumm“, wenn man zivilisiert unterwegs ist und sich breite Angststreifen auf den Reifen fährt, wenn dann die Polizei feststellt, dass der 25% große Angststreifen zur Lauffläche zählt und die an den Flanken mit Sägezahn abgefahrenen Stellen bei geschickter Messung (Sägezahn!) bereits unter 1,6mm sind.
In Entscheidungen der Verwaltungssenate wird hierfür auch der Begriff „Laufstreifen“ verwendet, aber ohne näher auf eine Definition oder Messmethode einzugehen. Beziehen sich die 75% auf die physische Breite des Reifens oder auf die tatsächlich genutzte (und damit auf die durch den Fahrer nutzbare) Breite? Diese ist individuell verschieden und hängt abgesehen vom Fahrer, auch vom Reifen, von der Felge, vom Motorrad und eventuell auch vom Luftdruck ab.
Die Tiefe der für die Ableitung des Wassers von der Lauffläche des Reifens erforderlichen Vertiefungen des Laufstreifens (Profiltiefe) muss im mittleren Bereich der Lauffläche, der etwa drei Viertel der Laufflächenbreite einnimmt.
Der Begriff „Laufflächenbreite“ ist dabei aber nicht definiert. Die physische Breite kann besonders beim Vorderreifen nicht voll genutzt werden und bei manchen Motorrädern (Harley) und spitzen Reifen noch weniger, da sind Angststreifen quasi schon eingebaut. Das kann daher nicht mit dem Begriff „Laufflächenbreite“ gemeint sein,
Eine Definition oder eine Bestätigung/Widerlegung meines Gedankenganges finde ich aber nicht.
Es ist kausal voll umfänglich erklärt:
Es darf von der Mitte ausgehend auf einem Bereich von 75% zu keinen Unterschreitungen der Profiltiefe kommen.
Du kannst die 75% von der Mitte aus messen oder über die gesamte Breite - es wird ein ähnliches Ergebnis rauskommen
Bei mir sind immer die äusseren 25% zuerst weg - aber bei stärkeren Schräglagen brauch t man in der Regel sowieso keine Wasserableitungsfunktion am Reifen, weil die Haftreibung beim Regen in der Regel reduziert ist. Demnach für mich eine der wenigen sinnvollen Regelungen.
Auch für mich war der Begriff Lauffläche vollkommen logisch, bis ich nachzudenken begonnen habe.
Nämlich darüber, dass ich bauartbedingt die (physisch vorhandene) Lauffläche gar nicht voll ausnutzen kann und ich auch persönlich nicht unbedingt auf die vorletzte oder letzte Rille muss. Selbst wenn ich die persönliche Komponente weglasse: Wenn ich die physisch vorhandene Lauffläche voll ausnutzen will, radieren längst die Fußrasten. Im Prinzip könnte ich mir links und rechts sogar etwas Lauffläche wegschneiden, womit die 75%-Berechnung ein ganz anderes Ergebnis bringen würde. Oder ich montiere den Reifen auf breitere Felgen, womit er breiter und flacher wird - Reifen sind ja immer für mehrere Felgenbreiten zugelassen. Mittig habe ich am Vorderrad derzeit 5mm Profil, an den Flanken sind es 2mm, aber bereits mit Sägezahn, und der Angstrand hat 4mm. Der Reifen wäre also noch ok, aber bei einer böswilligen Begutachtung könnte man vielleicht auch schon weniger als 2mm Profil entdecken.
Eine Argumentation über den Beginn und Ausmaß der Lauffläche konnte ich auch in den Entscheidungen der Verwaltungsgerichtshöfe nicht finden. Dort wird wegen ungenauer oder ungenau dokumentierter Messungen berufen, aber nie, weil wegen der (schwammig formulierten) „etwa“ drei Viertel.
Ein Jurist kann sich nur an das halten, was im Gesetz steht und nicht, was (für ihn) „vollkommen logisch“ ist. Für mich ist der Angstrand am Vorderreifen technisch nicht nutzbar und daher ist seine Existenz ebenso „vollkommen logisch“. Damit wären auch alle benachteiligt, die einen Angststreifen stehen lassen und es würde die forcierte Fahrweise belohnen. Wenn ich mit dieser Überlegung gegen eine allfällige Verkehrsstrafe berufe, müsste der Jurist in seiner Entscheidung damit argumentieren, dass meine Fusrasten und mein Fahrstil wohl mein Bier sind und es mir freigestanden wäre, den Angstrand voll zu nutzen. Ein gefundenes Fressen für die Zeitung.